Unsere Vision für Rauenberg ist eine, in der nachhaltige Entwicklung und der Wohlstand der Gemeinschaft im Mittelpunkt stehen. Menschen aller Colour sollen bei uns ein gutes Leben führen können. Dies wird uns jedoch durch viele äußere Faktoren immer schwerer fallen.
Das Jahr 2024 wird für unsere Kommune das wohl finanziell schwierigste seit sehr langer Zeit werden, das selbst die legendäre Steuernachzahlung in den Schatten stellt: Haushaltskrise im Bund, Krieg in Europa und im Nahen Osten zusammen mit den Migrationsbewegungen, Digitalisierung, Energiewende, Klimakrise und Bauwende, sichere Kinderbetreuung und Pisa-Schock, stockende Wirtschaft. Alles Themen, die zugleich und verstärkt auch auf Rauenberg treffen.
Wir beginnen aber mit positiven Nachrichten: Massive Investitionen in unsere Infrastruktur werden das Gesicht unserer Gemeinde nachhaltig verändern. Investitionen, die sonst über Jahrzehnte verteilt wurden, kommen nun in kurzer Abfolge: Der Kindergarten „Mittendrin“ wird endlich fertiggestellt, und der Kindergarten „Unterm Regenbogen“ erfährt eine längst überfällige Kernsanierung. Doch das ist nicht alles – ein neuer Kindergarten mit Mensa für die Brunnenbergschule in Malschenberg wird errichtet. Diese Maßnahmen sind mehr als nur Bauprojekte; sie sind ein Bekenntnis zu einer qualitativ hochwertigen Bildung und Kinderbetreuung für unsere jüngsten Mitbürger. Im Kindergarten wird die Grundlage für den weiteren Bildungserfolg gelegt.
In Baden-Württemberg haben wir den besten Betreuungsschlüssel bundesweit und in Rauenberg zudem eine der stabilsten Kinderversorgungen. Dank einer weitsichtigen Personalplanung der Stadtverwaltung und permanenter Ausbildung von Nachwuchskräften ist der Fachkräftemangel hier kein so großes Thema wie in anderen Kommunen, wo Eltern regelmäßig Gruppenschließungen kurzfristig auffangen müssen.
Neben diesen bildungsfördernden Maßnahmen eröffnet sich durch den Bau in Malschenberg zusätzlich die Möglichkeit, die Geschäftsstelle der Stadtverwaltung in den Neubau umzuziehen und das in die Jahre gekommene, bisher genutzte Gebäude endlich zu sanieren. Auch der Pavillon wird endlich wieder einen schönen Platz auf dem neu gestalteten Gelände bekommen.
Doch auch die Wege, die uns verbinden, sind von großer Bedeutung. Die Schönbornstraße wird einer umfassenden Sanierung unterzogen. Dort müssen dringend die Kanäle saniert werden – eine Aufschiebung der Maßnahme ist nicht möglich. Gibt uns aber damit die Möglichkeit, die Schönbornstraße modern und zukunftsgerichtet auszugestalten: Endlich können an einer zentralen Verbindung bauliche Maßnahmen für sichere Geh- und Radwege ergriffen werden! Umso mehr waren wir über den ersten Gestaltungsvorschlag der Stadtverwaltung enttäuscht. Vielleicht nutzt Herr Bürgermeister Seithel das kommendem Stadtradeln, um als Radelstar mal 3 Wochen auf das Auto zu verzichten und zu erleben, wie es ist, auf dem Rad permanent die Vorfahrt genommen zu bekommen, abgedrängt zu werden, als Fußgänger Gehwege nicht nutzen und auf verspätete oder fehlende Busverbindungen reagieren zu müssen und so auch die verschreckt, die gerne umsteigen würden. Es gibt genug Menschen in unserem Ort, die auf diese Infrastruktur angewiesen sind und die die Stadtverwaltung leider nicht berücksichtigt. Wer immer nur durch eine Windschutzscheibe blickt, hat nur einen eingeschränkten Betrachtungshorizont.
An der Apolloniaquelle entsteht zudem ein Platz, der neue Möglichkeiten für das öffentliche Leben in Malschenberg schaffen wird. Wir hätten hier noch Raum für Verbesserungen gesehen, aber freuen uns mit der Bevölkerung auf diesen Gewinn.
Ein weiterer Pfeiler unserer Vision für Rauenberg ist die nachhaltige Energieversorgung. Investitionen in Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern werden nicht nur unsere Energiekosten senken, sondern auch zusätzliche Erträge für die Stadt generieren. Wir setzen auf erneuerbare Energien, um nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch verantwortungsvoll zu handeln. So hoffen wir, dass in Zukunft auch unsere städtischen Parkplätze zur Ertragsgewinnung genutzt werden und gleichzeitig Schatten spenden können.
Die Sanierung der Sporthallen in Malschenberg und Rauenberg steht ebenfalls auf der Agenda. Sport ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität, sondern auch ein Faktor, der Gemeinschaft und Zusammenhalt fördert. Unsere Sporthallen sollen Orte sein, an denen sich Jung und Alt gleichermaßen wohlfühlen und aktiv am Gemeindeleben teilnehmen können. Die Sanierungen sollen daher die dringend notwendigen energetischen Effekte bringen, als auch die baulichen Mängel beseitigen.
Doch wir müssen auch realistisch mit den finanziellen Mitteln umgehen, die wir zur Verfügung haben. Ein negativer Cashflow von 207.350€ und die Aussicht auf dauerhaft negative Zahlungsmittelflüsse in den nächsten Jahren zeigen, dass wir vor finanziellen Herausforderungen stehen, die wir allein als Kommune kaum noch stemmen können. Wir konzentrieren uns in Rauenberg im Wesentlichen auf unsere Pflichtaufgaben und dennoch sehen wir kein Land.
Die Schuldenbremse, die der Bund mit harter Hand durchzieht, mag auf den ersten Blick vernünftig erscheinen. Doch in Zeiten mit vielen Krisen und Strukturwandeln drängt die Umsetzung von Lösungen. Die Finanzierung wird an die Kommunen durchgedrückt, die keine Schuldenbremse erlassen können. Wir können nicht einfach sagen: „Wir bauen halt keinen Kindergarten.“ oder verzichten auf die Sanierung von undichten Abwasserkanälen. Der Bund kann aber stolz von sich behaupten, die Schulden einzudämmen. Die Austeritätspolitik, die uns auferlegt wird, ist nicht nur belastend, sondern auch volkswirtschaftlich schädlich.
Lassen Sie mich Ihnen eine kurze Geschichte erzählen: Die Grundlage dieser Politik der „schwäbischen Hausfrau, die nur ausgeben kann, was sie hat“ ist das Essay „Growth in a time of debt“ der US-Forscher Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart, die behauptete, dass das Wirtschaftswachstum einer Volkswirtschaft sich dann stark verringere, wenn die Verschuldung auf mehr als 90 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steige. In dieser Studie hatte sich aber ein peinlicher Fehler in der Excel-Berechnung eingeschlichen, und in Wahrheit ist der negative Effekt viel geringer! Im Gegenteil, gerade in Krisenzeiten wie diesen ist es unerlässlich, massiv zu investieren, so die Wirtschaft zu stützen. Der Bund plant derzeit mit einer Schuldenstandsquote für 2023 mit ca. 68% und ist selbst damit also noch meilenweit entfernt von den Rogoff/Reinhart’schen 90%.
Hingegen wird sich der Schuldenstand der kommunalen Familie in 2023 um 9 Mrd Euro erhöhen. In Rauenberg allein stehen wir vor einer Verdoppelung und in den nächsten Jahren vor einer Vervielfachung! Der Schuldendienst wird uns bald erdrücken. Schauen Sie sich in der Zeitung die Haushaltsberichte der umliegenden Gemeinden an: Überall explodieren die Verschuldungen: Wir haben eine strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Familie und das sogar schon in unserem Landkreis, der durch die Gewerbesteuern von Weltkonzernen vergleichsweise gut dasteht.
In Rheinland-Pfalz treten mittlerweile sogar ganze Gemeinderäte samt Bürgermeister zurück, weil sie sich nicht mehr in der Lage sehen, zu handeln oder gar gestalten zu können.
Wir sehen: Die große Politik hat direkten Einfluss auf den Handlungsspielraum der Kommune. Anstatt uns also in die Enge der Schuldenbremse zu drängen, müssen wir einen Weg finden, um unsere Gemeinde nachhaltig gestalten zu können. Der Staat, auch in Form der Kommunen, muss in Krisenzeiten wie diesen massiv investieren, um Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft anzukurbeln. Andere Nationen wie die USA unternehmen genau das und werden uns abhängen, wenn wir nicht gegensteuern.
Zum Glück setzen wir in Rauenberg auf gemeinschaftliche Zusammenarbeit. Die Stadtverwaltung hatte schon im Vorfeld zu den Haushaltsberatungen mit dem Gemeinderat viele Maßnahmen verschoben, gestrichen und priorisiert.
Unsere Feuerwehren haben sogar, in Angesicht unserer prekären Haushaltslage, kurzfristig ihr Wochenende geopfert und überall wiederholt nach Einsparmöglichkeiten gesucht und noch einige für sie schmerzhafte gefunden. Mit unseren finanziellen Mitteln wird es jedoch immer schwieriger, die Feuerwehr mit dem Notwendigen auszustatten. Dazu gehört auch ein leistungsfähiges Feuerwehrgerätehaus für gesamt Rauenberg in den kommenden Jahren, denn das alte ist mittlerweile zu einem Sicherheitsrisiko für die eigenen Leute geworden.
Der Gemeinderat hat zudem intensiv beraten, ob Grundsteuern erhöht oder Kosten reduziert werden können. Teilweise wurde über einige hundert Euro gefeilscht, um wirklich jedes Potenzial auszuschöpfen. Im Wesentlichen konnten aber gerade mal runde 130.000€ an Einsparungen bei den Sach- und Dienstleistungen identifiziert werden, was zeigt, dass unsere Möglichkeiten schon nahezu ausgeschöpft sind. Die Bugwelle an verschobenen Maßnahmen wird aber immer größer.
Eine Erhöhung der Grundsteuer im Vorfeld der Grundsteuerreform wurde vom Großteil des Gemeinderats, wie auch uns, abgelehnt, da im Moment für die Wenigsten abzusehen ist, wie viel sie zukünftig zahlen müssen.
Umso wichtiger ist es, Maßnahmen wie Neubaugebiete, Gewerbegebiete, Neubauten und Sanierungen, die ohnehin durchgeführt werden müssen, so clever wie möglich umzusetzen. Der kommende Kindergarten mit Mensa in Malschenberg ist hierfür ein hervorragendes Beispiel. Hingegen wird das Neubaugebiet Sandäcker ein Mahnmal für die Sünden unserer Zeit: Entgegen besseren Wissens rücksichtslos gegenüber Natur und Umwelt, planlos bei der Verkehrsplanung, ignorant gegenüber Mitmenschen ohne dickes doppeltes Haushaltseinkommen und in Summe gegenüber den nachfolgenden Generationen. Oder mit den Worten der Stadtverwaltung: Wer nicht nach ihrer Ansicht zu den „sozialstabilen Strukturen“ beitragen kann, darf in Rauenberg keinen Wohnraum finden. Im Zweifel auch die alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern. Das darf bei den nächsten Neubaugebieten und der kommenden Innenverdichtung so nicht weitergehen!
Wir haben also viel zu tun in 2024. Fangen wir an.
Nach diesem wieder sehr intensiven Jahr danken wir dem Gemeinderat für die sachliche – manchmal kontroverse – aber konstruktive Zusammenarbeit.
Wir danken Herrn Bürgermeister Seithel und der gesamten Stadtverwaltung für die sehr gute Zusammenarbeit und das überaus hohe Engagement, auch wenn es in einzelnen Punkten unterschiedliche Auffassungen gibt.
Manuel Steidel, 20.12.2023
Für die Fraktion DIE GRÜNEN
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