Sehr geehrter Frau stellvertretende Bürgermeisterin Christiane Hütt-Berger,
Sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung,
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
Es gibt Menschen, die engagieren sich für die Gemeinschaft, für Ihre Mitmenschen oder die Umwelt. Diese Menschen möchten, dass die Welt, und sei es auch nur für eine einzige Person, morgen ein Stückchen besser ist als heute. Diese Menschen arbeiten häufig ehrenamtlich oder zu einem Gehalt, das kaum den Gegenwert Ihrer Arbeit darstellt. Diese Menschen trainieren Kinder im Sportverein, lehren sie Körpergefühl, Durchsetzungsvermögen aber auch Kameradschaft und Hilfsbereitschaft. Andere Menschen arbeiten in sozialen Berufen, müssen im Schichtbetrieb für das Wohl und Gesundheit anderer Menschen kämpfen, Tag und Nacht für unsere Sicherheit sorgen oder ihren Mitmenschen in traumatischen Situationen als Notfallseelsorger beistehen. Millionen Menschen schaffen auf unendlich vielen Wegen einen Mehrwehrt für das Allgemeinwohl unserer Gesellschaft.
Gerade diese Gemeinschaft mit diesen Werten, dieser Kampf für den Anderen, das Berücksichtigen von anderen Menschen, das Sehen von Bedürfnissen und Nöten Anderer hatte einst unsere Gesellschaft so stark und Widerstandskräftig gemacht. Verbindende und stärkende Werten wie Barmherzigkeit, Liebe, Hoffnung und gleiches Recht für alle Menschen.
Die Erkrankung unseres geschätzten Bürgermeisters Peter Seithel hat unseren Ort vor eine große Herausforderung gestellt. Wir als GRÜNE Fraktion und Ortsverband wünschen ihm an dieser Stelle weiterhin alles Gute und viel Kraft auf seinem weiteren Genesungsweg. Umso glücklicher kann sich unsere Gemeinde schätzen, dass die stellvertretende Bürgermeisterin Christiane Hütt-Berger mit Herzblut eingesprungen ist und sich über Monate hinweg für ein lächerliches Kleingeld über die Maßen für die Gesamtgemeinde und die Menschen hier eingesetzt hat. Ihr gilt ein ganz großer und besonderer Dank für diesen immens zeitlichen und persönlichen Einsatz und ist damit ein Vorbild für die gelebten Werte in unserer Gemeinschaft! Auch herzlichen Dank an die Stadtverwaltung, die in dieser schwierigen Situation zusammen- und den Laden am Laufen hält.
In den letzten Monaten konnte man jedoch das Gefühl bekommen, dass unsere verbindenden Werte verloren gegangen sind. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass manche nur noch ihre Bedürfnisse und Wünsche sehen und diese maximal einfordern. Parallel dazu sind nach der letzten Kommunalwahl ebenfalls Dinge im Gemeinderat verrutscht, wo vermehrt kurzsichtige Entscheidungen getroffen werden.
Absolut erschreckend ist, was in Bezug auf die Flüchtlingsunterbringung in unserem Ort passiert. Erst startet eine hetzerische Bürgerinitiative gegen die Unterbringung von Flüchtlingen, ausgerechnet in der Weihnachtszeit, und dann versagen CDU und Teile der Freien Wähler Fraktion die Mittel im Haushalt 2025 für eine weitere Flüchtlingsunterbringung. Hier wird den hilfsbereiten Menschen auf der einen und den hilfesuchenden Menschen auf der anderen ins Kreuz getreten, dass es nur so kracht. Die Dramatik dieser Entscheidung ist kaum zu überzubewerten und ein absolutes Armutszeugnis. Der Gemeinderat wurde mehrfach öffentlich und nichtöffentlich informiert, wie wichtig diese Unterkünfte sind und wie ernst die Lage ist. Da Rauenberg seiner Pflichtaufgabe nicht ausreichend nachkommt, hilfesuchende Menschen aufzunehmen. Wo sind hier unsere gemeinschaftlichen und christlichen Werte geblieben?
Im November letzten Jahres sollte der Gemeinderat außerdem über eine zeitgemäße Anpassung der Entschädigung für ehrenamtliche Arbeit entscheiden. Unter anderem sollten die Entschädigungen für Gemeinderät:innen erhöht werden. Aufgrund der Haushaltslage hat der Gemeinderat hier eindeutig einer Erhöhung nicht zugestimmt. Denn niemand ist wegen des Geldes im Gemeinderat. Anders gelagert ist die Situation aber in einem speziellen Fall: Auch die Entschädigung für die stellvertretenden Bürgermeister:innen sollte deutlich erhöht werden, wenn diese längerfristig die hauptamtliche Arbeit des „Chefs“ übernehmen müssen. So wie es aktuell der Fall ist. Vollkommen fassungslos machte uns hier der Antrag der CDU, die diese Erhöhung nicht rückwirkend zulassen wollte, obwohl die stellvertretende Bürgermeisterin zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem halben Jahr im Grunde Vollzeit für unsere Gemeinde gearbeitet hat. Deutlicher kann man kaum ausdrücken, dass einem diese Leistung vollkommen egal ist.
Die Alternative wäre gewesen, dass statt durch eine Ehrenamtliche, die Arbeit durch einen Amtsverwalter übernommen worden wäre. Dieser hätte ein Mehrfaches an Geld und Aufwand gekostet, da dieser zu weit höheren Konditionen entlohnt wird und erst hätte eingearbeitet werden müssen. Und fraglich obendrein, ob dann das gleiche persönliche Engagement an Tag gelegt worden wäre. Glücklicherweise wurde dieser kurzsichtige Antrag nicht vom Gemeinderat bestätigt. In den Haushalt nehmen wir diese vergleichsweise geringen Kosten, mit voller Überzeugung das Richtige zu tun.
Wir können aber nicht darüber hinwegsehen, dass uns im Haushalt in 2025 ein negatives Ergebnis von 2,7Mio€ erwarten wird. Wieder mal wurde in den Haushaltsberatungen jeder Stein umgedreht, aber kaum Einsparpotentiale identifiziert. Jux und Dollerei wird man in diesem Haushalt nicht finden. Stattdessen finden wichtige Investitionen statt. Wir sanieren den Kindergarten „Unterm Regenbogen“, wir sanieren die Mannabergschule, wir treiben die Umgestaltung des Apolloniaplatzes voran, wir bauen einen neuen Kindergarten mit Mensa in Malschenberg, wir sanieren die Schönbornstraße und verbessern damit die Situation für Fuß- und Radverkehr, wir bedecken die Dächer der kommunalen Gebäude mit PV-Anlagen und schaffen damit neue Einnahmen. Und wir schaffen noch so viel mehr! Und das sind nicht „wir“ als Gemeinderat. Sondern das sind WIR alle als Mitglieder der Gemeinde, die das schaffen! Wir als Gemeinde bewegen was in unserem Ort! Wir schaffen Werte, von denen wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten profitieren werden!
Äußerst problematisch hingegen ist die schlechte Entwicklung des Cashflows in unserem Haushalt. Dieser wird dieses Jahr über eine Million Euro im Minus liegen. Vereinfacht gesagt geben wir als Kommune mehr Geld aus, als wir einnehmen. Wir handeln also unwirtschaftlich – auch in der weiteren mittelfristigen Finanzplanung bis 2028: Tief rot. Wir handeln also mit diesem Jahr nicht nur einmal unwirtschaftlich, sondern nachhaltig unwirtschaftlich. Als Unternehmen droht damit die Insolvenz.
Wer in der Zeitung die Haushalte der anderen Kommunen gesehen hat, wird feststellen: Wer keine starke Gewerbesteuerzahlungen hat, hat große Probleme mit seinem Haushalt. Immer mehr Kommunen sind dadurch gezwungen immer mehr Gewerbegebiete auszuweisen und so immer mehr Flächen zu versiegeln.
Dementsprechend ruhen in Rauenberg aktuell die Hoffnungen auf dem geplanten Gewerbegebiet Hohenstein-Schanzenäcker, um Rauenberg nachhaltig wieder das Geld erwirtschaften zu lassen, das Investitionen in der Zukunft erlaubt. Eine Fläche größer als das Gewerbegebiet Hohenaspen. Eine Verkehrsanbindung, die jetzt schon tägliche Überlastungsspitzen erlebt. Einem Wohngebiet in unmittelbarer Nachbarschaft. Im Landschaftsbild sicherlich nicht förderlich für die geplante touristische Weiterentwicklung der Weinstadt. Ganz ohne Zweifel, ein problematisches Projekt. Bislang erscheint es alternativlos, bei geplanten Gewerbesteuereinnahmen 2025 von knapp über 2Mio€, die im Grunde viel zu wenig sind.
In der Vergangenheit konnten wir jedoch auch schon Gewerbesteuern in Höhe von 4 – 5 Mio. € erzielen! Und das ganz ohne Gewerbegebiet Hohenstein-Schanzenäcker! Es bleibt also genau zu prüfen, wie das Gewerbegebiet entwickelt werden soll, wenn uns gleichzeitig im Gewerbegebiet Hohenaspen durch die Regionalplanung maximale Beschränkungen auferlegt werden sollten, die zu jahrelangem Leerstand führen.
Bis dahin bleibt uns weiterhin nur jeden Stein umzudrehen. Beispiel: Jedes Jahr werden die Betreuungsgebühren für die Kinder entsprechend den Empfehlungen von kirchlichen Trägern, Städte- & Gemeindebund sowie entlang der Inflation erhöht. Mit der gleichen Begründung haben wir daher die Anpassung der Benutzungsgebühren städtischer Einrichtungen, der Verwaltungsgebühren (beides zuletzt 2019 angepasst), Hundesteuer (zuletzt angepasst 2017), und der Sondernutzungsgebühren öffentlicher Straßen (zuletzt 1991 angepasst!) gemäß der allgemeinen Inflation beantragt.
Nun erleben wir gerade aktuell, wie Themen gegeneinander kleingeistig ausgespielt werden: Gewerbegebiet oder Bankrott! Flüchtlingsunterkunft oder Musikschule!
Damit kommen wir zu einem bemerkenswerten Zitat:
„Wer ein Problem damit hat, dass wegen unserer Arbeit weniger Kindergärten gebaut werden – da ist die Tür.“
Ein Satz, zitiert von einem der Zeugen aus einer Veranstaltung der bei Cum-Ex beteiligten Finanzberatungen. Diebe in Nadelstreifen haben dabei Steuererstattungen erhalten, zu denen zuvor gar keine Steuern geleistet wurden. Schätzungen gehen davon aus, dass dabei 36 Mrd. € allein in Deutschland geraubt wurden. Würde man diesen Betrag auf die gesamte Einwohnerschaft Deutschlands umlegen, wurden allein Rauenberg dadurch 3.8Mio€ geraubt!
Es wird heutzutage ja gerne gefordert, dass bei Verbrechen auch immer mindestens die Vornamen der Verbrecher genannt werden, damit man weiß, ob die Verbrecher „echte Deutsche“ oder eben „unechte Deutsche“ waren. Hier sind sie, teilweise bislang nur verdächtigt/angeklagt, teilweise mehrfach rechtskräftig verurteilt: HypoVereinsbank, Deutsche Bank, HSH Nordbank, Citi Deutschland, Lang & Schwarz Bank[1], Christian Olearius[2], Hanno Berger, Kai-Uwe Steck[3], und viele andere… Mittlerweile laufen bei der Kölner Staatsanwaltschaft gut 130 Cum-Ex-Verfahren, die sich gegen rund 1700 Beschuldigte[4] richten. Die 36 Mrd. € sind also sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange.
Aber warten Sie, es wird noch besser! Nicht ungeduldig werden, wenn sie doch gerade wieder gehört haben, dass Asylanten alles „hinten rein geschoben bekommen!“
Schätzungen gehen davon aus, dass die Bundesrepublik Deutschland jedes Jahr durch Steuerhinterziehung etwa 100Mrd€[5] verliert! Das sind jedes Jahr für Rauenberg 10.6Mio€! Das sind fast zwei Kindergärten Mittendrin! Mit Mensa! JEDES JAHR!
Sie wissen jetzt, wo die echten Assozialen sitzen.
Daher sollten sich alle Uli Hoeneß‘ und Konsorten, die Steuerhinterziehung als Sport ansehen, immer bewusst machen: Euer Tun sorgt dafür, dass keine Kindergärten gebaut werden. Dass Musikschulen und Jugendzentren geschlossen werden. Dass Menschen, die bei uns nach Sicherheit suchen, ihnen genau diese Sicherheit verwehrt wird.
Das Treten nach Unten, das Treten nach denen, denen es noch schlechter geht als einem selbst, lenkt nur davon ab, wo die wirklichen Probleme stecken. Aber es ist so schön einfach auf eine Bevölkerungsgruppe alle Schuld abzuwälzen, die sich kaum wehren kann. Aber gerade wir hier in Deutschland sollten aus dieser Geschichte gelernt haben. Wir sollten klüger und weitsichtiger entscheiden.
Wir sollten Barmherzigkeit, Liebe, Hoffnung und gleiches Recht für alle Menschen wieder hochhalten und gegen alle Hetzer verteidigen.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Dividendenstripping#Situation_in_Deutschland
[2] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/olearius-prozess-cum-ex-100.html
[3] https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/cum-ex-176.html
[4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/steuerbetrug-46-5-millionen-euro-schaden-cum-ex-jongleur-angeklagt-a-020d006c-e1f8-4ca1-af52-fe968891cec6
[5] https://www.boeckler.de/de/magazin-mitbestimmung-2744-steuerhinterziehung-kostet-100-milliarden-5391.htm
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